Ein Beitrag von:
Alexander Fleming
Geschrieben am:
December 5, 2024

Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B

Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B: Eine ausführliche Betrachtung

Die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 der VOB/B ist ein wesentlicher Bestandteil des Bauvertragsrechts und von zentraler Bedeutung im Kontext der Abnahme und der Gewährleistung. Um den rechtlichen Rahmen dieses Paragraphen vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die VOB/B, die verschiedenen Arten von Bauverträgen (insbesondere Bauverträge nach BGB und VOB), sowie die speziellen Anforderungen und rechtlichen Folgen im Zusammenhang mit der Abnahme und der Gewährleistung zu betrachten.

In diesem Blogbeitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf die Zustandsfeststellung und ihre Rolle im Bauvertragsrecht, einschließlich praktischer Hinweise und Schulungsressourcen wie VOB-Seminaren oder Bauleiter-Ausbildungen.


1. Einführung in die VOB/B und deren Bedeutung

Die VOB/B (Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B) regelt die vertraglichen Pflichten und Rechte der Vertragsparteien im Bauwesen.

Sie wird regelmäßig in Bauverträgen verwendet und hat eine herausragende Bedeutung für die ordnungsgemäße Durchführung von Bauvorhaben. Die VOB/B bildet zusammen mit der VOB/A (Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil A) die Grundlage für die Vertragsgestaltung und stellt sicher, dass sowohl Bauherren als auch Auftragnehmer ihre Rechte und Pflichten klar verstehen.

Die VOB/B ist besonders relevant für Bauverträge, die nicht nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeschlossen werden, sondern explizit auf der Grundlage der VOB/B beruhen. Diese differenzierten Regelungen treten insbesondere bei der Abnahme und der Gewährleistung von Bauleistungen in Kraft.

Ein Bauvertrag kann entweder nach BGB oder VOB abgeschlossen werden. Im Falle eines Bauvertrags nach BGB gelten die Vorschriften des BGB in Bezug auf die Abnahme und Gewährleistung, während bei einem Bauvertrag nach VOB die Regelungen der VOB/B Vorrang haben und eine gesetzliche Privilegierung genießen (solange die VOB/B als Ganzes vereinbart wurde).

Der Unterschied zwischen diesen beiden Vertragsarten ist für die Praxis von großer Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Parteien.

2. Der Bauvertrag nach BGB und der Bauvertrag nach VOB

Der Bauvertrag nach BGB wird auf der Grundlage der allgemeinen Vorschriften des BGB geschlossen und ist in vielen Fällen die bevorzugte Wahl, wenn die VOB/B nicht ausdrücklich vereinbart wird. Ein solcher Vertrag regelt die Erstellung von Bauwerken und Dienstleistungen unter den allgemeinen Vorschriften des BGB, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung und Abnahme.

Der Bauvertrag nach VOB ist spezifischer und detaillierter. Hier gelten die speziellen Regelungen der VOB/B, die präzise Vorgaben für die Bauausführung, die Abnahme und die Gewährleistung enthalten. Diese Vorschriften sind darauf ausgelegt, die besonderen Anforderungen der Baubranche zu berücksichtigen und eine möglichst klare Abwicklung des Bauvorhabens zu gewährleisten.

Die Entscheidung, ob ein Bauvertrag nach BGB oder nach VOB abgeschlossen wird, hängt in der Praxis oft von der Vereinbarung zwischen den Parteien und der Art des Bauvorhabens ab. In vielen Fällen wird die VOB/B als Grundlage gewählt, um ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Klarheit zu gewährleisten.


3. Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B

Die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B ist ein zentrales Thema, das eng mit der Abnahme von Bauleistungen und der späteren Gewährleistung zusammenhängt. In § 4 Abs. 10 VOB/B wird die Feststellung des Zustands der Bauleistung vor der Abnahme geregelt, und zwar im Hinblick auf die Dokumentation und Nachweisführung.

Dieser Paragraph hat insbesondere folgende Bedeutung:


1. Dokumentation des Zustands der Bauleistung: Nach Beendigung der Bauleistung vor der Abnahme hat der Bauunternehmer die Möglichkeit, den Zustand der Bauleistung zu dokumentieren. Diese Dokumentation dient als Beweis im Falle von späteren Streitigkeiten oder Problemen.


2. Schutz für den Bauunternehmer: Die Zustandsfeststellung schützt den Bauunternehmer vor späteren Ansprüchen des Auftraggebers, die auf vermeintliche Mängel oder Schäden in der Bauleistung hinweisen. Durch die Feststellung des Zustands zu einem bestimmten Zeitpunkt kann der Bauunternehmer nachweisen, dass die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme in einwandfreiem Zustand war.


3. Abgrenzung der Gewährleistungspflicht: Im Falle von Schäden oder Mängeln nach der Abnahme wird in der Regel vermutet, dass diese während der Gewährleistungsfrist aufgetreten sind. Eine präzise Zustandsfeststellung zum Zeitpunkt der Abnahme kann helfen, diese Unterscheidung klar zu treffen und den Zeitraum für mögliche Gewährleistungsansprüche zu definieren.

Die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B ist daher ein wichtiger Mechanismus, um den Zustand der Bauleistung zu dokumentieren und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Sie hilft dabei, den Abnahmeprozess zu klären und die Gewährleistungspflichten beider Parteien zu bestimmen.

4. Wie wird eine Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B durchgeführt?

Eine oder auch beide Vertragsparteien äußern dem Vertragspartner den Bedarf bzw. den Wunsch zur Durchführung einer technischen Abnahme. Darauf hin wird ein Ortstermin zwischen den Beteiligten koordiniert. Bei diesem Termin sollten die Vertreter beider Vertragsparteien anwesend sein, um eine reibungslose technische Abnahme durchzuführen. In einigen Fällen ist es sogar ratsam, einen Gutachter, Sachverständiger oder den zuständigen Bauleiter zu diesem Termin einzuladen, um eine noch bessere und vor allem verlässliche Feststellung des baulichen Zustandes des Abnahmeobjektes durchzuführen.

Im Zuge des Abnahmetermins wir das zu begutachtete Bauteil oder Teilleistung inspiziert und kontrolliert. Es ist beiden Vertragsparteien dringend anzuraten, eine Dokumentation der technischen Abnahme anzufertigen und das Formular von den Anwesenden unterzeichnen zu lassen. Dafür können sowohl formlose Protokolle als auch das Formblatt 441 aus dem Vergabe- und Vertragshandbuch des Bundes (bekannt als das „VHB-Bund“) zu verwenden.    

Der Idealablauf einer Zustandsfeststellung stellt sich somit wie folgt dar:

✅ Schritt 1: Abnahmeverlangen

✅ Schritt 2: Ggf. Einbezug eines Sachverständigen, aber auch Bauleiter möglich

✅ Schritt 3: Ortstermin für die Abnahme (gemeinsam / beidseitig)

✅ Schritt 4: Protokollierung der Abnahme


5. Die Bedeutung der Abnahme im Zusammenhang mit der Zustandsfeststellung

Die Abnahme ist ein zentrales Ereignis im Bauvertrag, das sowohl rechtliche als auch praktische Konsequenzen hat. Sie markiert den Zeitpunkt, an dem der Bauherr oder Auftraggeber die Bauleistung als vertragsgemäß anerkennt. Mit der Abnahme beginnt in der Regel auch die Gewährleistungsfrist für den Bauunternehmer, während gleichzeitig der Auftraggeber seine Verpflichtungen zur Zahlung des Werklohns erfüllt.

Im Zusammenhang mit der Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B spielt die Abnahme eine entscheidende Rolle. Denn die Abnahme ist der Zeitpunkt, zu dem der Zustand der Bauleistung formal festgestellt wird. Eine ordnungsgemäße Abnahme führt dazu, dass der Auftraggeber die Bauleistung in dem Zustand akzeptiert, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Abnahme befindet, was für die spätere Gewährleistung und etwaige Nachbesserungsansprüche von großer Bedeutung ist


6. Gewährleistung und Zustandsfeststellung

Ein weiterer wesentlicher Aspekt im Zusammenhang mit der Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B ist die Gewährleistung. Nach der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist, innerhalb derer der Auftragnehmer für Mängel an der Bauleistung haftet. Die Zustandsfeststellung kann dabei eine zentrale Rolle spielen, um zu klären, ob ein Mangel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorlag oder ob er erst später entstanden ist.

Die Gewährleistungspflicht des Auftragnehmers betrifft alle Mängel, die innerhalb der Gewährleistungsfrist auftreten und die nicht auf unsachgemäßer Nutzung oder Beschädigung durch den Auftraggeber zurückzuführen sind. Die Zustandsfeststellung hilft, diese Mängel genau zu identifizieren und den Beginn der Gewährleistungsfrist präzise zu bestimmen.


7. VOB Schulung und VOB Seminar: Weiterbildung für Bauleiter und Bauunternehmer

Die VOB-Schulung und das VOB-Seminar sind für Bauleiter, Bauunternehmer und alle anderen Beteiligten im Bauwesen eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich mit den komplexen Regelungen der VOB/B und deren praktischer Anwendung vertraut zu machen. Solche Schulungen bieten detaillierte Einblicke in alle relevanten Aspekte der VOB/B, einschließlich der Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 und der Abnahme. Sie vermitteln wertvolle Kenntnisse, die dabei helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und eine korrekte und reibungslose Abwicklung von Bauvorhaben zu gewährleisten.

Ein VOB-Seminar für Bauleiter ist besonders empfehlenswert, da Bauleiter in der Regel für die ordnungsgemäße Durchführung und Überwachung der Bauleistungen verantwortlich sind. Sie müssen die VOB/B und ihre speziellen Bestimmungen kennen, um Probleme bei der Abnahme und der Gewährleistung rechtzeitig zu erkennen und zu lösen. Die Schulung von Bauleitern in der Anwendung der VOB-Regeln kann somit maßgeblich zur Reduzierung von Konflikten und rechtlichen Problemen auf der Baustelle beitragen.


Die Bauleiter-Ausbildung umfasst in vielen Fällen ebenfalls spezifische Module zur VOB/B, die den Teilnehmern helfen, ein tieferes Verständnis für diese wichtigen rechtlichen Grundlagen zu entwickeln. In solchen Ausbildungen werden praxisnahe Beispiele behandelt, die die Bedeutung der Zustandsfeststellung und Abnahme in der Praxis verdeutlichen.


8. Fazit

Die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B ist ein unverzichtbares Instrument im Bauvertragsrecht, das insbesondere in Bezug auf die Abnahme und die Gewährleistung eine wichtige Rolle spielt. Sie ermöglicht eine präzise Dokumentation des Zustands der Bauleistung und schützt sowohl Bauunternehmer als auch Auftraggeber vor späteren rechtlichen Auseinandersetzungen.

Eine fundierte Kenntnis der VOB/B sowie der speziellen Regelungen zur Zustandsfeststellung ist für Bauleiter und Bauunternehmer unerlässlich. Daher sind VOB-Schulungen, VOB-Seminare und Bauleiter-Ausbildungen wichtige Instrumente, um die Anwendung der VOB-Regeln zu optimieren und die rechtssichere Durchführung von Bauvorhaben sicherzustellen.

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